Montag, 16. Februar 2015

gelesen: "Delirium" von Lauren Olivier (Rezension)

Titel: Delirium
Autor/in: Lauren Oliver
Verlag: Carlsen
Seitenzahl: 416
Preis: 8,99€

"In den Jahrzehnten vor der Entwicklung des Heilmittels war die Krankheit so virulent geworden und hatte sich so weit verbreitet, dass ein Mensch ausgesprochen selten das Erwachsenenalter erreichte, ohne sich mindestens ein Mal (ernsthaft) mit Amor deliria nervosa angesteckt zu haben (siehe auch: >>Statistiken, Vorgrenzzeit<<) ... Viele Historiker heben hervor, dass in der Zeit vor dem Heilmittel die Gesellschaft als solche ein Spiegelbild der Krankehit war und sich durch Zerrissenheit, Chaos und Instabilität auszeichnete ... Fasst die Hälfte aller Ehen wurden geschieden ... Der Drogenmissbrauch explodierte genau wie die Zahl der Todesfälle durch übermäßigen Alkoholkonsum."
Zitat aus L. Oliver: Delirium. Carlsen Verlag, 2011, S. 176.


Delirium ist der erste Teil der Amor-Trilogie von Lauren Olivier. Es handelt sich um eine Dystopie.
Liebe wird als eine Krankheit angesehen: amor deliria nervosa. Die Krankheit bringt viele Symptome mit sich: Benommenheit und Orientierungslosigkeit, Hysterie, Verzweiflung, Schlafstörungen, Wahnvorstellungen, Lähmungserscheinungen - und schließlich den Tod. Die Krankheit hat in der Vergangenheit nur Verderben über die Menschen gebracht, das soll in Zukunft verhindert werden.
Den Wissenschaftlern ist es gelungen ein Heilmittel zu entwickeln, die Bevölkerung wird quasi gegen amor deliria nervosa geimpft, sie soll immun werden - und nicht mehr lieben können.
Das Ergebnis ist Friede und Harmonie, kaum Gewalttaten.
Die Impfung steht allen Jugendlichen um ihren 18. Geburtstag bevor. Lena, die Protagonistin der Geschichte, wartet bereits gespannt auf diesen Tag, der ihr Erlösung bringen und ihre Angst nehmen soll. Dann ist sie geheilt, sicher. Ihr Körper wird frei von amor deliria nervosa sein, von Liebe. Lena kann es nicht erwarten.
Noch vor der Heilung werden die Jugendlichen evaluiert. Sie müssen sich einer Jury stellen, von der sie beurteilt werden. Sie bekommen ihren zukünftigen Ehemann zugewiesen, ihre berufliche Tätigkeit wird festgelegt. Ihre Zukunft wird bestimmt. Bei Lenas Evaluierung geht etwas schief. Und in diesem Zusammenhang sieht sie das erste Mal Alex. Alex, dessen Anblick sie nicht mehr vergessen kann. Bald darauf trifft sie ihn wieder..und sie mag Alex. Aber Lena darf Alex nicht mögen, sie hat Angst davor. Sie will nicht vor ihrer Heilung mit amor deliria nervosa in Verbindung kommen, sie will nicht krank werden.

Ihr ist es erlaubt mit Alex zu reden, da Alex bereits geheilt ist. Und das tut sie, immer häufiger trifft sie ihn..und immer mehr mag sie ihn. Ist die Heilung tatsächlich das richtige, tatsächlich die Lösung? Doch Lena hat keine Wahl, man hat nämlich nicht die Möglichkeit, die Heilung abzulehnen.

Ich fand die Idee sehr interessant. Ein Leben, eine Welt ohne Liebe? Was ist davon zu halten? Für mich als Romantikerin eine unschöne, dennoch interessante Vorstellung. Ich habe das Buch gekauft, da mich diese Fiktion interessiert hat.
Die Stimmung im Buch hat mich anfangs echt genervt. Ich war wütend auf Lena, die etwas so wundervollem wie der Liebe so negativ entgegenstand und es mit allen Mitteln zu bekämpfen versuchte. Und auch den anderen Menschen, den Geheilten, konnte ich keine positiveren Emotionen entgegenbringen. Alle waren einfach so leer. Sie haben höfliche Gespräche geführt - über Themen, die niemanden interessieren, zu denen keine kontroversen Meinungen existierten.
Die Menschen leben nicht mehr, sie erleben nicht mehr und sie genießen nicht. Sie gehen ihren immer gleichen Aktivitäten nach, ohne Spaß. Und Lena sehnte dieses Leben herbei?! Unvorstellbar..
In meinen Augen ist die Heilung gleichzusetzen mit der Ermordung der Menschen. Das Leben war vorbei. Es gibt das Sprichwort "wer nicht wagt, der nicht gewinnt"..das passt hierzu sicher ganz gut. Wer nicht wagt zu lieben, der wird nie Glück verspüren können.
Wenn man weiter darüber nachdenkt, ist eine impliziete Annahme des Gedankenkonstrukts dieser Dystopie erkennbar: die Menschen werden immun gegen die Liebe..und dies hat zur Schlussfolgerung, dass alle Empfindungen und Gefühle verschwinden. So habe ich es zumindest empfunden. Ohne Liebe ist kein Hass möglich, heißt es doch, dass man nur den Menschen hassen kann, den man über alles liebt. Ohne Liebe ist auch kein Glück möglich - denn auch Glück hängt mit Liebe zusammen. Alle negativen und positiven Emotionen haben eine Verbindung zur Liebe. - aber meine Gedanken gehen nun etwas zu weit und ich entferne mich vom eigentlichen Buch.

Wie ihr merkt, finde ich das, was dahinter steckt, sehr interessant. Es ist auch echt gut durchdacht, viele Details. Kapitel werden bspw. immer eingeleitet durch Zitate. Die Zitate stammen aus Gesetzen, Vorschriften oder auch Erzählungen der Gesellschaft. Alles gegen die Liebe und für die Heilung. Bereits den Kindern wird dies eingebrannt, das gesamte System beruht darauf.
Wegen der Stimmung, die das Buch übermittelt, hatte ich aber lange keinen Spaß am Lesen. Eben die Stimmung, die durch die tote Gesellschaft beeinflusst wird. Diese Gesellschaft und diese Denkweisen haben mich einfach genervt!!

Aber es gab auch die Wendung.
Generell gab es zwei Charaktere, die ich gerne mochte. Alex und Hana. Alex habe ich oben bereits erwähnt und Hana ist die beste Freundin von Lena, ein fröhliches, sorgenloses und schönes Mädchen, die sich ihre Freiheit nimmt, die ihr eigentlich gar nicht zustehen soll.
Und dann, im Verlauf der Geschichte, wird auch Lena mir sympathischer, denn Lena beginnt zu zweifeln. Ab hier hat das Lesen Spaß gemacht. Auch Romantik kam dazu, aber eine Liebesgeschichte sollte man nicht unbedingt erwarten, auch wenn es eine Geschichte über die Liebe ist.
Hier gibt es dann auch viele spannende Stellen. Und das Ende - das Ende macht etwas sprachlos.

Nachdem ich das Buch und die Handlung nun nochmal durchdacht habe, gefällt es mir im Nachhinein sogar nochmal besser, als ich zunächst annahm. Gerade dass die Autorin es geschafft, genau diese Stimmung, die eben auch in der Gesellschaft herrscht, an mich als Leser zu übermitteln, finde ich super.
Die Fortsetzung, nämlich der zweite Teil "Pandemonium" liegt bereits bei mir zu Hause und ich bin echt gespannt.

Auch wenn meine Rezension vielleicht nicht danach klingen mag, da ich auch ein wenig negative Kritik äußere, möchte ich dem Buch 5/5 Punkten geben. Das hat diese Geschichte verdient.

Wie hat euch das Buch gefallen?

xoxo, Ann-Christin

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